WM2022 – was soll dieses Getöse um eine Armbinde am Torwart? In dem Augenblick, da man sich in ein Flugzeug nach Katar setzt, hat man unterschrieben, dass man die Verhältnisse vor Ort akzeptiert, dass man sich den Gesetzen und der Moral des Gastgebers unterwirft. Nichts anderes übrigens, als wir von unseren Migranten aus jedem denkbaren Kulturkreis erwarten.
Und so ethisch gravierend können die Einlassungen nicht sein, so schwer können sie uns nicht fallen, geht es doch im Gegenzug nicht um die Rettung der Welt, sondern um ein paar Fußballspiele, die oft nicht das Niveau der 2. Bundesliga erreichen.
Was soll nun dieses peinliche Geziehe um die Armbinde eines Torwarts? Die Einverständniserklärung ist vollumfänglich unterzeichnet, wozu diese winzige Stichelei, die man selbst auf hochauflösenden Fernsehern nicht erkennen kann? Ablass wird auf diese Weise nicht gewährt.
Und selbst diese miniminiminimale Demonstration der moralischen Überlegenheit wird nun aufgegeben. Nicht, weil die Kataris auf die Barrikaden gegangen sind und in ihrer Wut über die Verletzung ihres Nationalstolzes die Stadien anzünden und die Hotels der Mannschaften stürmen, sondern weil der korrupte FIFA-Haufen das für unangemessen hält. Sanktionsandrohung: Eine gelbe Karte für den Torwart. Dieses Risiko ist uns nicht – und schon gar nicht den Spielern – zuzumuten. Denn für die geht es nicht um Politik oder Ethik, sondern rein um den Sport – natürlich.
Und sagt bitte nicht, dass ihr den DFB oder den WM-Gewinnler (das ‚l‘ ist wichtig) Torwart für ihre klare Kante gegen Sklaverei und Menschenrechtsverletzung auch noch loben und bewundern wolltet? Das ist sowas von erbärmlich.
Man bedenke: Das DFB-Team ist nicht gezwungen worden, nach Katar zu fahren, um dort aus purer Not als Tat der Verzweiflung und des Widerstandes einem Spieler eine bunte Armbinde zu verpassen. Das erinnert an die „Hilfe, ich bin Gefangener einer Glückskeksfabrik“-Botschaft in einem Glückskeks. Man ist freiwillig, in Erwartung wirtschaftlicher Vorteile dorthin. Mit Anlauf und Vergnügen. Es ist immer wieder erschütternd, wie gering der Preis für unsere westlichen Wertvorstellungen ist.
Nicht nach Katar zu fahren, und das früh öffentlich und kategorisch Kund zu tun, wäre das einzig Richtige gewesen. Statt – für ein bisschen Fußball(!!!) – unsere scheinheilige Ethik zu verraten und das jetzt mit einem kleinen Stück bunten Stoffs umkehren zu wollen.
Da könnten wir doch die Todesstrafe wieder einführen. Nicht für Schwule, aber wie wäre es mit straffälligen Migranten, die unsere Werte und Gesetze nicht respektieren? So, wie es die Kataris tun? Ethisch halb so wild – verglichen mit einer gelben Karte.